Die Saison 2013 im Rückspiegel
Alles neu beim Sauber-Launch in Hinwil: Nicht nur, dass der erfolgreiche C31-Designer James Key weg ist (Nachfolger: Matt Morris), greifen mit Nico Hülkenberg und Esteban Gutierrez auch zwei neue Fahrer ans Volant. Und: Erstmals führt Monisha Kaltenborn den Schweizer Rennstall als Teamchefin in eine neue Formel-1-Saison.
Gutierrez macht seinem Ruf als Paydriver vom ersten Moment an alle Ehre: 1,816 Sekunden Rückstand auf Hülkenberg in Q1 beim Saisonauftakt in Australien. Sauber bringt keinen der beiden Boliden mit den auffällig eng geschnittenen Seitenkästen in die Top 10.
Und es kommt nicht schlimmer: Hülkenberg kann wegen eines kurz vor dem Start festgestellten Benzindruckproblems gar nicht erst antreten. So hatte sich der Deutsche seinen Teamwechsel nicht vorgestellt.
Drittes Saisonrennen in China: Gutierrez verzeichnet seinen nächsten Aussetzer und kracht beim Anbremsen ins Heck des Force India von Adrian Sutil. Das bedeutet eine Startaufstellungs-Rückversetzung für den nächsten Grand Prix in Bahrain.
Hülkenberg qualifiziert sich indes erstmals in den Top 10, mischt dank einer anderen Boxenstopp-Sequenz phasenweise mit den Großen mit, staubt acht Führungsrunden ab. Letztendlich wird er wegen Problemen bei den Boxenstopps aber nur Zehnter. Immerhin wieder ein WM-Punkt.
Beim Europa-Auftakt in Spanien verliert Hülkenberg erneut schuldlos Zeit, wegen einer Stop-&-Go-Strafe für unsichere Freigabe beim Boxenstopp. Und nach dem Rennen schon der erste Flirt mit Force India. Bahnt sich da etwas an?
Gutierrez bemüht sich indes redlich, seine Leistungen zu steigern, macht aber Fehler und sieht gegen Hülkenberg kein Land. Selbst in Monaco bleibt er unauffällig. Hier interessieren andere Dinge mehr.
Zumindest macht er bei Sonia Irvines Amber-Lounge-Fashion-Show gute Figur.
Trotz Reifenproblemen holt Hülkenberg in Silverstone einen WM-Punkt, aber die Sauber-Krise spitzt sich immer mehr zu. Sportlich läuft es nicht, finanziell erreicht der Überlebenskampf ungeahnte Dimensionen. Chefdesigner Matt Morris zieht die Reißleine, verlässt Hinwil und wechselt zu McLaren.
Beim Heim-Grand-Prix in Deutschland überholt Hülkenberg in der vorletzten Runde Paul di Resta und sichert sich damit einen weiteren WM-Punkt. Ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Am 15. Juli gibt Monisha Kaltenborn die Einigung mit russischen Partnern exklusiv bei Motorsport-Total.com bekannt. Doch früh kommen in der Branche erste Zweifel auf, ob das wirklich die Rettung für Sauber sein kann.
Einzig greifbares Ergebnis der Partnerschaft: Der zu diesem Zeitpunkt 17-jährige Russe Sergei Sirotkin kommt in die Fabrik nach Hinwil und zum Grand Prix von Italien.
Im September darf er bei einem Demo-Event in Sotschi sogar erstmals einen Formel-1-Sauber fahren. Für seinen kurz geratenen Schnupperkurs überweist Papa Sirotkin stolze viereinhalb Millionen Euro nach Hinwil - in der (falschen) Hoffnung, dafür 2014 einen Stammplatz einzukaufen.
Grand Prix von Ungarn, der Wendepunkt: Sauber verwirft das neue Auspuff-Konzept und greift zurück auf die Basisvariante von 2012. Hülkenberg verpasst zwar die Top 10, kassiert auch eine Strafe wegen Geschwindigkeitsüberschreitung in der Boxengasse, aber die Formkurve zeigt nach oben.
In Belgien geht Sauber erneut leer aus, aber beim Hochgeschwindigkeits-Grand-Prix in Italien schlagen die Neuerungen erstmals voll ein: Hülkenberg wird sensationell Dritter im Qualifying und Fünfter im Rennen.
In Südkorea stehen erstmals beide Sauber-Piloten in den Top 10, und dann zieht Hülkenberg das Rennen des Jahres ab: Nach hartem Fight gegen die Topstars der Manege (und insbesondere gegen Lewis Hamilton, den er rundenlang geschickt in Schach hält) wird er sensationell Vierter.
Riesenjubel, denn: Sauber überholt damit Toro Rosso in der Konstrukteurs-WM. Das ist Millionen wert.
Aber ungeachtet der jüngsten Erfolge kriselt es menschlich zwischen Hülkenberg, seinem Manager Werner Heinz und der Sauber-Teamführung. Die Kontakte zum Ex-Team Force India werden intensiviert, denn bereits ab Singapur ist klar: Eine weitere Zusammenarbeit ist unwahrscheinlich.
Indes feiert Peter Sauber seinen 70. Geburtstag. Er hatte wohl schon schönere, denn inzwischen kann sein Team nicht einmal mehr die Stromrechnung zahlen. Aber der Gruß des Teams aus dem fernen Japan tröstet über so manches hinweg.
Gutierrez macht ihm dann auch das schönste Geschenk: siebter Platz, erstmals in den WM-Punkten. Es sollte für den jungen Mexikaner ein einmaliges Vergnügen bleiben.
Dann reißt die Erfolgsserie: Hülkenberg scheidet in Indien an achter Stelle liegend mit Bremsproblemen aus und wird nach dem fünften Startplatz in Abu Dhabi wegen Untersteuerns und einer Durchfahrtstrafe gnadenlos nach hinten durchgereicht.
Monisha Kaltenborn angelt inzwischen nach dem Fahrer mit dem dicksten Portemonnaie und bandelt mit Gabriela Maldonado an. Der Kampf um die venezolanischen Erdöl-Millionen geht aber letztendlich gegen Lotus verloren.
In den USA wächst Hülkenberg noch einmal über sich hinaus und beweist als Vierter des Qualifyings, dass er in die Formel 1 gehört.
Sein Manager Werner Heinz weiß nämlich inzwischen: "Wir haben es nicht mehr selbst in der Hand." Letztendlich klappt es aber doch noch mit der Rückkehr zu Force India.
Ein würdiger Abschied: Hülkenberg wird beim Saisonfinale in Brasilien Achter und beendet damit erstmals in seiner Karriere eine Weltmeisterschaft in den Top 10.