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  • 25.12.2012 09:28

  • von Dominik Sharaf

Von Samba bis Klagelied: Die Tops und Flops 2012

Während Augusto Farfus und Rahel Frey für reichlich Unterhaltung sorgten, erwischten ihre spanischen Fahrerkollegen ein echtes Seuchenjahr

(Motorsport-Total.com) - Die DTM-Saison 2012 war eine große Wundertüte: Dank des BMW-Comebacks standen erstmals seit dem Opel-Rückzug drei Hersteller mit neuen Autos am Start, es debütierten sieben Piloten und mit Martin Tomczyk sowie Bruno Spengler hatten die beiden Topstars der Serie den Arbeitgeber gewechselt. Schnell zeigte sich, dass die Einschnitte viel Würze, eine Menge Spektakel und eine gehörige Portion Spannung in die DTM brachten. 'Motorsport-Total.com' zeigt die Tops und Flops einer aufregenden Saison.

Titel-Bild zur News: Augusto Farfus

Augusto Farfus durfte jubeln: Er war die Entdeckung der Saison 2012 Zoom

Top: Action auf der Strecke

Nach dem Test in Hockenheim waren die Befürchtungen groß: Überholen mit den neuen DTM-Boliden hielten viele Fahrer für schwierig bis unmöglich, Andy Priaulx hatte sogar schon ein DRS-System für die Autos gefordert. Aber Pustekuchen: Die Vorderleute waren vor ihren Jägern in der Saison 2012 nur selten sicher. Natürlich mischten sich unter die vielen unterhaltsamen Sonntagnachmittage auch eher monotone Läufe, Spannung war jedoch immer vorhanden.

Etwa die Hetzjagden auf Bruno Spengler am Lausitzring oder in Oschersleben, bei denen sich der BMW-Star mit eisernen Nerven vor Gary Paffett behauptete. Und auch die Piloten im Mittelfeld kämpften im Jahr 2012, das von Qualifying-Abständen innerhalb der Top 16 von teilweise nur einer Sekunde geprägt war, verbissen um Positionen. Die neuen Autos haben auch markenintern Chancengleichheit bewirkt, was sich in einem schwankenden Kräfteverhältnis unter Markenkollegen manifestierte.

Flop: Spaniens Armada geht unter

Im Fußball eine unantastbare Macht, haben sich die DTM-Stürmer von der iberischen Halbinsel eher zu Eigen- als zu Traumtoren kombiniert. Nach seiner ersten DTM-Saison schon als Megatalent gefeiert, gelangen Miguel Molina nur zwei Platzierungen in den Punkten, ab dem vierten Saisonlauf in Spielberg stand der 23-Jährige nur noch mit leeren Händen und öfters mit einem verstopften Kühler da - schließlich produzierte der chronisch glücklose Audi-Pilot reihenweise Ausflüge ins Kiesbett.

Roberto Merhi

Bekleckerte sich nicht gerade mit Ruhm: Roberto Merhi Zoom

Das Blechkleid der Konkurrenz zog Landsmann Roberto Merhi öfter dem Ausflug in die Wiese vor. Der himmelblaue Mercedes dürfte bei einigen Kontrahenten Spuren hinterlassen haben. Dafür mit reichlich Kollegenschelte belegt, mangelte es dem punktlosen 21-Jährigen in der Folge am nötigen Tempo. So könnte 2012 das Aus für die Spanier in der DTM besiegelt haben, wäre da nicht noch Daniel Juncadella. Der Formel-3-Champion gehört zum Kreis der Mercedes-Tester und ist ein potenzieller Nachfolger der beiden Iberer.

Top: Farfus tanzt Samba mit der DTM

Augusto Farfus überzeugte sportlich: Ein Sieg in Valencia, drei Podiumsplätze, zwei Pole-Positions und Platz sieben in der Meisterschaft - als bester Neuling. Der Brasilianer stellte seinen deutlich stärker eingeschätzten Teamkollegen in der Mampaey-Truppe, Priaulx, über weite Strecken in den Schatten. Hätte die Saison in Valencia begonnen, wäre der Titelkampf wohl um einen Kontrahenten reicher gewesen. Noch bemerkenswerter ist, was Farfus abseits der Piste leistet. Er bringt eine neue Leichtigkeit in die DTM.

Der Mann aus Curitiba ist ein echter Sunnyboy, der mit mindestens zwei Kleidergrößen zu klein gewähltem Teamhemd und dauerhaft guter Laune eine echte Bereicherung für das Fahrerlager und immer für einen Spaß zu haben ist - nicht nur, wenn er gerade seine Ehefrau über die Nordschleife kutschiert. Lastete Farfus aus der Tourenwagen-Weltmeisterschaft (WTCC) noch der Ruf eines Draufgängers an, ist der heute 29-Jährige mit dem Alter besonnener geworden. Nicht wahr, Herr Scheider?


Augusto Farfus fährt seine Ehefrau über die Nordschleife

Flop: Mercedes' Katzenjammer

Es ist nicht für die Nachwelt dokumentiert, wie häufig sich Norbert Haug und Gary Paffett darüber beklagten, dass unverschuldete Unfälle sie die Meisterschaft gekostet hätten. Immer wieder Norisring, immer wieder Zandvoort. Es würde die Kapazitäten einer Strichliste auf einem DIN-A4-Blatt wohl sprengen, wollte man die Ausdrücke des Wehklagens zählen. Inhaltlich haben die beiden zwar Recht - schließlich verlor Paffett in beiden Rennen tatsächlich Zähler, die die Meisterschaft zu seinen Gunsten hätten entscheiden können.

Gary Paffett

Klagewütig: Paffett haderte im Staccato-Takt mit der Konkurrenz Zoom

Fakt ist aber: Nach Tourenwagen-Sport, den die DTM für sich proklamiert, klang die Leier aus dem Mercedes-Kasten nicht mehr. BMW machte es anders: Obwohl ihr Titelkandidat Nummer eins, Bruno Spengler, selbst zwei Mal Opfer von übermotivierten Konkurrenten wurde, wärmten weder Jens Marquardt noch der Kanadier selbst das Thema auf. Apropos BMW: Dass Haug nach dem Manöver Andy Priaulx' gegen Rahel Frey in Valencia auch noch diese Szene in den Katalog der Grausamkeiten aufnahm, war des Guten endgültig zu viel.

Top: Fliegen lernen mit den Ludwig-Tellern

Kiesbetten und Leitplanken fehlen dem Motorsport, aber Sicherheitsbedenken sind angebracht und berechtigt. Und auch die Konsequenzen unfairer Zweikämpfe werden durch Asphaltflächen neben den Randsteinen deutlich abgemildert. Aber wird es den Fahrern dadurch nicht zu leicht gemacht, das Limit zu suchen? Sportwagen-Legende Klaus Ludwig wusste Abhilfe und hat bei der Entwicklung eines nach ihm benannten Randsteins mitgeholfen: ein kreisrunder Kerb mit großer Wirkung.

Filipe Albuquerque

Flugshow: Wer die Streckenbegrenzug missachtet, wird gefeuert Zoom

Der so genannte Ludwig-Teller, der unter anderem auf dem Lausitzring und in Oschersleben zum Einsatz kommt, bestraft nicht nur Fahrfehler und ein Abweichen von der Strecke. Er sorgt auch regelmäßig für durchgeschüttelte Fahrer und spektakuläre Flugeinlagen. Der besondere Randstein zeigt, dass sich Sicherheit und spannender Motorsport nicht unbedingt ausschließen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich dieser Kerb auch in anderen Serien durchsetzen wird.

Flop: Torschlusspanik im 'Ersten'

Dass das Programm der 'Sportschau' an sommerlichen Sonntagnachmittagen vollgestopft ist, ist den Verantwortlichen des 'Ersten' nicht vorzuwerfen. Dass man für eine Ruderdokumentation allerdings im Schweinsgalopp durch Interviews reitet und redebereite Fahrer, die gerade eine Pole-Position eingetütet haben, vor laufender Kamera wegschickt, kann bei den Fans nur Kopfschütteln auslösen. Immerhin: Motorsport in hochauflösenden Bildern ohne Zusatzkosten ist längst keine Selbstverständlichkeit.

Top: Emotionen auf dem Äther

Keine ausgewählten Aufzeichnungen, sondern alles live - damit wirbt die DTM, wenn es um die Fernsehübertragung des Boxenfunks der Piloten geht. 2012 zahlte sich das aus: Nicht nur Timo Scheiders "Lobrede" auf Farfus in Spielberg und die brillanten Englischkenntnisse mancher Ingenieure waren Einspielungen wert, auch die Verwirrung um den Zieleinlauf in Brands Hatch bei Bruno Spengler oder die wütenden Kommentare Gary Paffetts am Norisring ließen die Zuschauer im wahrsten Sinne des Worts aufhorchen - Emotionen pur, die die DTM braucht.

Top: Rahel Frey muckt auf

Susie Wolff, Vanina Ickx, Katherine Legge - und dann kam Rahel Frey. Es hat lange gedauert, bis es eine DTM-Pilotin geschafft hat, den Kollegen auf der Strecke einzuheizen. Die Schweizerin war 2012 ein Männerschreck, schließlich kegelte sie ihren Markenkollegen Mattias Ekström am Nürburgring nicht nur fast aus dem zweiten Qualifyingsegment, sondern machte auch Ralf Schumacher im Rennen das Leben so richtig schwer. Die Krönung der Saison erfolgte dann in Valencia.

Rahel Frey

Schnell unterwegs: Rahel Frey krempelte 2012 die Ärmel hoch Zoom

Rang sieben und zahlreiche tolle Zweikämpfe garnierten die DTM-Saison Freys. Frau am Steuer, Ungeheuer - ungeheuer aggressiv und teilweise auch ungeheuer schnell. Allerdings darf bei allem Lob für die sympathische 26-Jährige nicht unter den Tisch fallen, dass sie in vielen Rennen hinter den Leistungen der Herren zurückblieb. Auf jeden Fall hat Frey aber unter Beweis gestellt, dass wenn sie auf der Höhe ist, sie in Sachen Kämpferherz und Zweikampfhärte nicht zurücksteht.