• 06.05.2012 17:05

  • von Dominik Sharaf & Stefanie Szlapka

BMW-Chef Marquardt: Eiskalt am Kommandostand

Der Motorsport-Direktor fror an der Boxenmauer, beim historischen Triumph seiner Mannschaft allerdings wurde ihm warm ums Herz - "Ein emotionaler Moment"

(Motorsport-Total.com) - Der Kurator des BMW-Museums wird sich am Montagmorgen Gedanken machen müssen, wo er Platz für einige neue Exponate findet. Schließlich werden es sich die Münchener kaum nehmen lassen, ihrem ersten Triumph in der DTM seit 1992 - damals hatte Roberto Ravaglia gesiegt - einen Platz in den heiligen Halle der bayerischen Landeshauptstadt einzuräumen. Über den legitimen Nachfolger des italienischen Ausnahmekönners schwärmt der Motorsport-Direktor in den höchsten Tönen: "Das ist fantastisch, einfach unglaublich, der absolute Wahnsinn. Bruno (Spengler, Anm. d. Red.) hat eine herausragende Leistung gezeigt und seine Pole-Position perfekt genutzt", freut sich Jens Marqurdt. "Was für ein Comeback für BMW war 20 Jahren Abstinenz."

Titel-Bild zur News: Jens Marquardt (BMW Motorsport Direktor), Bruno Spengler

Große Freude bei BMW: Marquardt vergaß seine eiskalten Füßen schnell

"Es ist ein sehr emotionaler Moment für mich persönlich gewesen und auch für BMW", lässt Marquardt die Sekunden auf der Boxenmauer Revue passieren. "Hätte mir das vorher jemand gesagt: Ich hätte geantwortet, dass es nicht möglich sei. Dass uns das im zweiten Rennen gelingt - da muss ich vor meinen Leuten den Hut ziehen", schwärmt er. "Bruno und Augusto (Spengler und Farfus, Anm. d. Red.) haben ein absolut fehlerfreies Rennen gefahren. Mercedes hat uns Runde für Runde alles abverlangt." Beim Doppelduell von BMW gegen Mercedes war Marquardts Pulsschlag nicht immer am Maximum: "Ich habe am Monitor verfolgt, dass die Rundenzeiten sehr nahe beisammen sind, aber es nicht schlimmer wird", meint über die Herzjagd von Gary Paffett und Jaime Green auf ihre Konkurrenten.

Dabei war Marquardt trotz der heißen Rennaction am Kommandostand ziemlich kalt. "Da müssen wir uns mal nach einem Heizlüfter umschauen. Mir haben die Zähne geklappert." Vielleicht hatte ja auch das Stoßgebet des Motorsport-Direktors geholfen. Der hatte sich auf der letzten Runde gedacht: "Bruno, du bist so ein einhundertprozentiger Profi und so ein Star - du fährst das Ding jetzt nach Hause." Fährt BMW jetzt also schon um die Meisterschaft? "Dennoch sind wir gut beraten, mit beiden Füßen auf dem Boden zu bleiben. Der Start in unsere Comeback-Saison ist ganz sicher nahezu perfekt verlaufen." Und auch sonst tritt Marquardt gerne auf die Bremse: "Es geht in der DTM 2012 derart eng zu, dass die Karten auf jeder Strecke neu gemischt werden. Deshalb ist es möglich, dass die Dinge schnell auch wieder in eine andere Richtung laufen können. Uns erwarten noch viele Rennen auf Pisten, auf denen wir keinen einzigen Testkilometer gefahren sind."

Die erste Mission mit dem DTM-Projekt betrachtet er aber als erfüllt: "Wir wollten zur Stelle sein, wenn sich uns die Chance bietet, ein Top-Ergebnis zu erreichen. Heute hat sich genau diese Chance für uns eröffnet - und wir haben zugegriffen." Marquardt hebt die Teamleistung hervor. "Ich habe die Woche über Sorgen, ob wir die Leistung auf der Bremse und mit der Traktion hinbekommen. Auch ein Megajob von Augusto", kommentiert er den dritten Rang des Brasilianers und vergisst auch Platz sieben für den amtierenden Meister Martin Tomczyk nicht. "Ich bin stolz auf die gesamte Mannschaft. Solche Dinge machen den Motorsport aus." Er lässt ein Lob auf die neue DTM folgen: "So toller Motorsport über 52 Runden. Man sieht, dass die Serie und das Konzept funktionieren."