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DTM-Kolumne: Setzt dem Strafenchaos endlich ein Ende!

Redakteur Ruben Zimmermann meint, dass die DTM endlich eine transparentere Linie bei den Strafen braucht - Norisring-Wochenende als warnendes Beispiel

Titel-Bild zur News: Nico Müller, Tom Blomqvist

Die DTM bot am Norisring viel Action - sorgte aber auch für viel Unverständnis Zoom

Liebe DTM-Freunde,

eigentlich war das DTM-Wochenende am Norisring ein Erfolg: Tolles Wetter, volle Tribünen und - zumindest am Samstag - ein Rennen, das für viel Gesprächsstoff sorgte. Trotzdem sorgte ein Thema wieder einmal für eine Menge Unverständnis bei Fans, Fahrern und auch uns Journalisten: die Strafen. Mir persönlich brennt dieses Thema bereits seit Saisonbeginn unter den Nägeln, doch einige Vorfälle am Norisring brachten das Fass nun endgültig zum Überlaufen - und das nicht nur bei mir.

Bereits am Samstagabend ließ Timo Glock seinem Frust auf Twitter freien Lauf und bezeichnete die DTM-Regeln als "größten Witz", nachdem er eine Fünf-Sekunden-Strafe erhalten hatte, weil er sein DRS, das zuvor 32 Runden lang gar nicht funktionierte, anschließend in einer Runde einmal zu oft aktivierte - wohlgemerkt ohne daraus einen Vorteil zu ziehen. Durch die Strafe fiel er vom 14. auf den 21. Platz zurück.

Im Endeffekt hätte Glock so oder so keine Punkte geholt, ihm geht es bei seiner Kritik ums Prinzip - und vor allem um die Fans. Da stimme ich ihm absolut zu: Wie soll man den Fans am Fernseher oder vor Ort die Strafen erklären, wenn selbst Fahrer, Offizielle und Experten nicht nachvollziehen können, warum die Sanktionen teilweise so unterschiedlich ausfallen. Der Norisring war dafür ein perfektes Beispiel.


Fotos: DTM am Norisring


Wo ist die Verhältnismäßigkeit?

Fakt ist, dass es am Samstag und Sonntag in beiden Rennen teilweise ordentlich krachte. Das ist am Norisring nicht ungewöhnlich. Die Vergabe der Strafen sorgte allerdings mehrfach für viele Fragezeichen. So erhielt Nico Müller am Samstag für eine Kollision mit seinem Markenkollegen Mike Rockenfeller beispielsweise eine Durchfahrtsstrafe, womit sein Rennen praktisch gelaufen war. Im Sprintrennen am Samstag kannst du dich in der DTM von so einer Strafe - unter normalen Umständen - nicht mehr erholen.

Dass diese Strafe für sich genommen in Ordnung geht, daran besteht eigentlich kein Zweifel. Das Problem ist allerdings die fehlende Verhältnismäßigkeit. Andere Piloten bekamen für Berührungen zum Beispiel nur eine Fünf-Sekunden-Strafe oder sogar nur eine Verwarnung. Wieder andere wurden in der Startaufstellung für das nächste Rennen um drei Plätze zurückversetzt - womit wir bei Mattias Ekström wären...

Der Schwede nahm am Samstag mit einer übermotivierten Aktion das führende Mercedes-Duo aus dem Rennen und bekam dafür eben so eine angesprochene Grid-Strafe. Um das klarzustellen: Ich persönlich würde hier keinesfalls so weit gehen wie "Opfer" Christian Vietoris, der direkt eine Rennsperre für den Schweden forderte. Aber verhältnismäßig sind drei Plätze für die Aktion - mit Verlaub gesagt - eine Farce!

Unverständnis im Fahrerlager

In welchem Verhältnis stehen bitteschön diese drei Plätze zu einer Durchfahrtsstrafe? "Eki" qualifizierte sich am Sonntag als Schnellster und durfte somit von Rang vier ins Rennen gehen. Hätte er sich in Kurve 1 nicht erneut verschätzt, hätte er von dieser Position aus vermutlich locker auf das Podium kommen oder sogar um den Sieg mitfahren können. Zum Vergleich: Müller wurde wegen seiner Durchfahrtsstrafe am Samstag 21. und damit Letzter...

Ein passendes Äquivalent zu einer Durchfahrtsstrafe wäre daher in diesem Fall meiner Meinung nach eine Versetzung auf den letzten Startplatz gewesen. Dementsprechend verschaukelt dürfte sich am Sonntag auch Vietoris vorgekommen sein. Während Ekström eine vergleichsweise lächerliche Strafe bekam, wurde der Mercedes-Pilot für eine Berührung mit Antonio Felix da Costa wie bestraft? Richtig, mit einer Durchfahrtsstrafe. Die Folge: Chance auf Punkte weg, am Ende 15. und Vorletzter...

Ich möchte hier übrigens keine Hexenjagd auf Mattias Ekström eröffnen. Der Schwede dient in diesem Fall eher zufällig als perfektes Beispiel für die Inkonsequenz der Strafenvergabe - und genau das nervt mich persönlich so. Und mit dieser Meinung stehe ich nicht alleine da. Egal mit wem ich nach dem Rennen am Sonntag gesprochen habe: Wirklich niemand konnte in dieser Hinsicht auch nur ansatzweise eine klare Linie erkennen.

Fan bleibt auf der Strecke

Die Krone setzte dem ganzen Spektakel dann eine Meldung der Rennleitung am Sonntag um exakt 17:25 Uhr auf - also mehr als drei Stunden nach Ende des Rennens! Die Nachricht: Disqualifikation von Gary Paffett, Daniel Juncadella, Antonio Felix da Costa, Adrien Tambay und Mike Rockenfeller, weil sie nach dem Rennen nicht zum Wiegen erschienen sind. Anmerkung: Alle fünf Piloten sahen die Zielflagge sowieso nicht...

Da stellt sich mir persönlich nun natürlich als erstes die Frage, warum man mehr als drei Stunden für diese eigentlich relativ einfache Entscheidung braucht. Die Sachlage ist hier doch wohl mehr als eindeutig. Vermutlich hatten die betroffenen Piloten die Strecke zu diesem Zeitpunkt bereits verlassen - wie übrigens auch fast alle Zuschauer, die sich um 18:00 Uhr nämlich ein gewisses Fußballspiel angucken wollten.


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Gar nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn man keine Piloten ausgeschlossen hätte, die sowieso ausgeschieden waren, sondern einen der Podiumsfahrer. Das Spielchen hatten wir übrigens mit Timo Glock in Hockenheim in diesem Jahr auch schon einmal. Ein Kollege in der Redaktion meinte gestern: "Wenn der Fan von der Strecke abhaut, will er wissen, wer gewonnen hat." Und genau so ist es!

Videobeweis kein Allheilmittel

Zum Schluss noch eine kleine Anmerkung, weil wir jetzt sowieso schon das Thema Fußball gestreift haben: Dort wünschen sich seit Monaten und sogar Jahren viele Fans den Videobeweis. Im Motorsport gibt es den schon. Die Rennkommissare schauen sich alle verfügbaren Kameraperspektiven an, wenn sie eine Situation beurteilen. Trotzdem sind die Entscheidungen teilweise nicht nachvollziehbar.

Der Videobeweis ist also keinesfalls das Allheilmittel, für das einige ihn halten. Im Endeffekt stehen auch in diesem Fall immer noch Menschen dahinter, die letztendlich die Entscheidungen treffen müssen. Und um das klarzustellen: Ich weiß, dass diese Aufgabe vermutlich die undankbarste im gesamten Sport ist. Ich beneide weder Schiedsrichter noch Rennkommissare noch sonstige Personen in ähnlicher Position.


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Trotzdem muss Kritik erlaubt sein. Schließlich sind wir im Endeffekt alle Fans des Sports, und wir wollen die DTM zu einem Produkt machen, an dem wir alle unseren Spaß haben. Dementsprechend hoffe ich einfach, dass wir in Zukunft zumindest eine etwas klarere und vor allem eine nachvollziehbare Linie bei den Strafen in der DTM erkennen. Ansonsten wird nämlich nicht nur den Fahrern sondern auch den Zuschauern irgendwann die Lust vergehen.

Euer


Ruben Zimmermann