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Timo Glock exklusiv: "Eine Meisterschaft wäre schön..."

Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' spricht BMW-Pilot Timo Glock unter anderem über seine Hoffnungen für die neue Saison und die allgemeine Zukunft der DTM

(Motorsport-Total.com) - Für BMW ist 2016 ein ganz besonderes Jahr. Die Münchener feiern ihren 100. Geburtstag und sind in dieser speziellen Saison dementsprechend heiß auf sportliche Erfolge. In der DTM gewannen die Münchener im vergangenen Jahr die Hersteller-Meisterschaft. Wir haben uns vor der "Mission Titelverteidigung" mit Timo Glock getroffen, der im vergangenen Jahr in Oschersleben einen Sieg zum BMW-Erfolg beisteuern könnte. Seine eigene Leistung 2015 sieht der ehemalige Formel-1-Pilot aber trotzdem kritisch.

Titel-Bild zur News: Timo Glock

Wird Timo Glock in der Saison 2016 häufiger Grund zum Jubeln haben? Zoom

Im exklusiven Interview mit 'Motorsport-Total.com' spricht der 34-Jährige außerdem über seinen Teamwechsel zur neuen Saison, die Zukunft der DTM, und er verrät, warum er sich ganz besonders auf die Rückkehr der Tourenwagenserie nach Ungarn freut. Übrigens hat es sich unser Redakteur Ruben Zimmermann nicht nehmen lassen, während des Interviews mit Timo Glock eine kleine Spritztour durch München zu drehen...

Frage: "Timo, BMW feiert in diesem Jahr 100. Geburtstag. Was willst du deinem Arbeitgeber in dieser Saison schenken?"
Timo Glock: "Schön wären natürlich viele Siege oder eine Meisterschaft (lacht; Anm. d. Red.). Aber so etwas ist natürlich immer schwierig vorherzusagen. Speziell in der DTM ist das fast unmöglich, weil es in jedem Jahr irgendwie anders ist - obwohl das Reglement einigermaßen gleich ist. Aber irgendwie ist es doch immer anders. Trotzdem werde ich versuchen, meinem Arbeitgeber so viele Siege wie möglich zu schenken."

Frage: "Du kommst in diesem Jahr in ein neues Team. Ist das für dich eine zusätzliche Motivation?"
Glock: "Es ist einfach eine neue Herausforderung. In drei Jahren bei MTEK gewöhnt man sich an alles, du kennst die Abläufe beim Team und so weiter. Das wird jetzt natürlich alles ein bisschen anders. Aber ich hatte jetzt meinen ersten Test in Monteblanco mit RMG und das hat sehr, sehr gut funktioniert. Ich kenne auch noch den ein oder anderen aus meiner Formel-1-Zeit. Das Team wurde ja von Stefan Reinhold gegründet, und er war vorher auch in der Formel 1. Von daher kommt mir der ein andere schon sehr bekannt vor (lächelt). Von der Seite her ist es dann schon wieder einfach. Aber natürlich hat jedes Team seine eigene Strategie und eigene Abläufe."

Timo Glock

Einmal bei einem DTM-Sieger mitfahren: Die Chance hat Ruben Zimmermann genutzt Zoom

Frage: "Gibt es da irgendetwas, was du bei MTEK besonders vermissen wirst?"
Glock: "Das Abschlussevent werde ich vermissen (lacht)! Das war immer eine tolle Aktion von Teamchef Ernest Knoors. Er hat immer sein ganzes Team zwei Tage zum Skifahren eingeladen. Es gab auch immer ein Buch über das ganze Jahr mit den schönsten Fotos. Er hat da einen sehr, sehr guten Fotografen, der mir auch ans Herz gewachsen ist. Der hat immer fantastische Fotos gemacht und am Ende des Jahres gab es immer dieses Buch, und das habe ich jetzt halt drei Jahre hintereinander bekommen. Das werde ich ein bisschen vermissen."

"Ich werde versuchen, meinem Arbeitgeber so viele Siege wie möglich zu schenken." Timo Glock

Frage: "An wie viele neue Gesichter musst du dich jetzt ungefähr bei RMG gewöhnen?"
Glock: "Das sind schon so zehn bis 15 neue Gesichter am Ende."

Ein halbes Jahr "arbeitslos"

Frage: "Und die hast du jetzt im Winter auch teilweise schon kennengelernt. Wie hast du deine Winterpause sonst verbracht? Du hast mir eben mit einem Augenzwinkern gesagt, dass du quasi ein halbes Jahr arbeitslos warst."
Glock: "Ja, was das Rennfahren angeht ist das leider so. Am Rennkalender können wir nichts ändern. Ich habe die Zeit einfach gemütlich zuhause mit meiner Familie und meinem kleinen Sohnemann verbracht. Außerdem habe ich mich auch frühzeitig wieder körperlich vorbereitet. Dazu kam der ein oder andere Termin, ich war unter anderem in Laguna Seca bei der BMW-M2-Vorstellung. Das war auch sehr schön und interessant. Man hat also immer ein bisschen zu tun."

Frage: "Du hast deine körperliche Vorbereitung angesprochen. Unterscheidet sich die Vorbereitung in der DTM von der in der Formel 1?"
Glock: "Es ist schon anders, denn der Formel-1-Kalender ist halt einfach so komprimiert, dass du eigentlich keine Zeit hast, um dich wirklich zu erholen. Du musst direkt schon wieder in die Vorbereitung einsteigen. In der DTM hast du schon einmal die Möglichkeit, mit der Familie einen längeren Urlaub zu machen und dich ausgiebig auf deine körperliche Vorbereitung zu konzentrieren. Aber wenn ich mir den Formel-1-Kalender anschaue - da geht es eigentlich nahtlos über vom letzten Rennen zur Vorbereitung im neuen Auto, Tests und so weiter."

Frage: "In der Formel 1 spielt das Gewicht der Fahrer in diesem Jahr wieder eine große Rolle. Daniel Ricciardo hat unter anderem erzählt, dass er von Red Bull direkt mal auf Diät gesetzt wurde. Ist das in der DTM auch so ein großes Thema oder konntest du an Weihnachten ordentlich zulangen?"
Glock: "Ich könnte schon (lacht). Aber das machst du natürlich nicht, weil du weißt, dass du es trotzdem wieder runtertrainieren musst. Du willst ja körperlich trotzdem gut vorbereitet sein. Aber es ist lange nicht so extrem wie es vielleicht in der Formel 1 sein mag."


Fotostrecke: Die BMW-Designs für die DTM 2016

Frage: "In der vergangenen Saison hast du häufig mit deiner Konstanz gehadert. Hattest du im Winter mit BMW die Zeit, die Gründe dafür zu analysieren?"
Glock: "Man analysiert das schon, aber du tust dich schwer, das wirklich zu verstehen, weil es ja vielen anderen Fahrern auch so geht. Der eine oder andere holt einfach ein paar Punkte mehr am Rennwochenende. Aber das sind Dinge, an denen ich selbst arbeiten muss. Speziell, wenn du dir eine schlechte Ausgangsposition im Qualifying verschaffst, ist es fast unmöglich, in die Punkte zu fahren. Das ist das Thema, das hinzubekommen. Das muss die Aufgabe für dieses Jahr sein, um die Chance zu haben, konstanter in die Punkte zu fahren."

"Der beste Vergleich ist der zu meinen BMW-Teamkollegen. Und da war ich im vergangenen Jahr definitiv nicht gut genug." Timo Glock

Frage: "Welchen Anteil haben die Performancegewichte an diesen extremen Verschiebungen?"
Glock: "Das hat teilweise auch einen großen Ausschlag gegeben. Aber trotzdem: Der beste Vergleich ist der zu meinen BMW-Teamkollegen. Und da war ich im vergangenen Jahr definitiv nicht gut genug."

Schokolade aus Ungarn

Frage: "Welche Verbesserungen in der DTM würdest du dir wünschen, wenn du komplett freie Hand hättest?"
Glock: "Ich würde mir weniger aerodynamischen Abtrieb an den Autos wünschen und deutlich mehr Leistung. Nicht nur ein paar PS, sondern gerne auch 100 oder 150 PS mehr - so wie das in Australien bei den V8-Supercars der Fall ist. Das brauchen die Autos einfach. Den Zuschauer auf der Tribüne interessiert es nicht, ob das Auto jetzt eine Sekunde schneller durch die Kurve fährt oder auf der ganzen Runde zwei, drei Sekunden schneller ist. Er will Action sehen, und die wollen wir ihm bieten."

Frage: "Eine Veränderung, die es in diesem Jahr geben wird, ist die Rückkehr der DTM nach Ungarn. Da wirst du dich ja sicher ganz besonders drüber freuen..."
Glock: "Ja, an Ungarn habe ich gute Erinnerungen! Auch in der DTM, obwohl es da im Rennen zum Schluss noch Kleinholz gab. Ich glaube, dass ich zu diesem Zeitpunkt Zweiter oder Dritter war. Aber aus irgendwelchen Gründen habe ich dort viele Fans, die immer wieder an die Rennstrecke kommen. Ich freue mich darauf, es ist ein guter Kurs. Ich habe in der GP2, Formel 1 und DTM immer gute Resultate dort gehabt. Deswegen freue ich mich, dass das Rennen zurück ist. Schade ist natürlich, dass dafür Oschersleben rausfällt, wo ich 2015 auch ein gutes Rennen hatte. Aber man kann eben nicht alles haben."


Fotostrecke: Die BMW-DTM-Piloten 2016

Frage: "Gab es in Ungarn in der Vergangenheit irgendwann einmal ein spezielles Erlebnis mit deinen ganzen Fans dort?"
Glock: "Ich komme gefühlt immer mit zwei Tonnen Schokolade nach Hause (lacht). Und sie wissen immer, wann ich ankomme! Es ist egal, was für einen Flug ich buche, die haben immer einen Plan, wann ich ankomme. Ich weiß nicht, ob da jemand immer die Flugdetails weitergibt, aber die stehen immer da!"

"Es ist egal, was für einen Flug ich buche, die haben immer einen Plan, wann ich ankomme." Timo Glock über seine Fans in Ungarn

Frage: "Wie sehen deine Pläne in diesem Jahr abgesehen von der DTM aus? Werden wir dich zum Beispiel auch noch einmal als TV-Experten in der Formel 1 sehen?"
Glock: "Da müssen wir mal abwarten. Ich hatte daran im vergangenen Jahr in Sotschi sehr viel Spaß. Jetzt müssen wir mal abwarten, was sich da noch entwickelt. Vielleicht ergibt sich ja noch einmal das ein oder andere Rennen. Aber da sind wir in den Gesprächen noch nicht weit genug."

Nachwuchs und Audi auf der Rechnung

Frage: "Wir hatten im vergangenen Jahr mit Pascal Wehrlein den jüngsten DTM-Champion aller Zeiten. Jetzt hat Mercedes mit Esteban Ocon schon wieder einen ganz jungen Piloten im Kader. Denkst du, dass da in der DTM in Zukunft ein 'Jugendwahn' ähnlich wie in der Formel 1 einsetzen könnte?"
Glock: "Es gibt viele Fahrer, die schon jahrelang dabei sind. Jetzt ist vielleicht die Zeit gekommen, dass der ein oder andere sich auch irgendwann verabschieden wird. Da hält man natürlich schon Ausschau. Speziell die ganzen Formel-3-Fahrer tun sich mit dem Umstieg in so ein Auto einfach sehr, sehr leicht. Das haben bislang alle gezeigt. Ob das ein Marco Wittmann war, und auch ein Esteban Ocon wird sich nicht schwertun, der wird auch schnell sein. Wenn man junge Fahrer aus der Formel 3 holt, dann wissen die Hersteller natürlich, dass man immer eine gute Chance hat, dass der einschlägt, wenn er in die DTM kommt."

Frage: "Denkst du, dass es gut für DTM ist, dass viele junge Fahrer versuchen, über die Serie in die Formel 1 zu kommen?"
Glock: "Klar. Ich denke, dass es der Serie auf jeden Fall gut tut, wenn Leute aus der DTM in die Formel 1 gehen. Am Ende ist die Formel 1 die Königsklasse, und da will jeder junge Motorsportler hin. Das kann sich auf die DTM nur positiv auswirken."


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Frage: "Die obligatorische Frage, die ich kurz vor dem Ende unserer Fahrt stellen muss: Wer ist dein Favorit für 2016?"
Glock: "Oh, da tue ich mich nirgendwo so schwer wie in der DTM. Aber ich glaube, dass du mit den alten Hasen nie etwas falsch machen kannst. Mattias Ekström zum Beispiel, der mit Sicherheit vorne dabei sein wird. Audi war ja im vergangenen Jahr generell sehr stark und es hat sich am Reglement nicht wirklich etwas geändert. Ich könnte mir vorstellen, dass Audi dominant ist. Aber wir versuchen natürlich alles, um ein bisschen dagegenzuhalten. Und natürlich haben wir auch erfahrene Jungs wie Bruno Spengler, Augusto Farfus oder natürlich Marco Wittmann, die in der Meisterschaft immer vorne dabei waren. Vielleicht kann ich mich da auch ein bisschen einreihen, mal schauen. Aber Mercedes hat mit Paul di Resta und Gary Paffett auch Jungs mit so viel Erfahrung. Die musst du alle dazuzählen. Da kannst du von jeder Marke vier oder fünf nehmen. Das ist eigentlich das halbe Feld (lacht). Deswegen lege ich mich jetzt mal auf keinen fest."

"Audi war ja im vergangenen Jahr generell sehr stark und es hat sich am Reglement nicht wirklich etwas geändert." Timo Glock

Frage: "Du hast gesagt, ihr wollt gegen Audi dagegenhalten. Beim Test in Spanien bist du zumindest schon einmal Bestzeit gefahren. Hast du das Gefühl, es geht in diesem Jahr einen Schritt nach vorne?"
Glock: "Ich weiß es nicht. Wieso sollen wir plötzlich viel stärker sein? Die Autos haben sich nicht geändert. Aber in Monteblanco hat sich das Auto gut angefühlt, obwohl uns die Strecke eigentlich nicht so liegt, weil da relativ viele Bodenwellen sind. Aber du weißt natürlich auch nie, was die anderen machen. Was fahren die für ein Testprogramm? Hockenheim wird ein bisschen aussagekräftiger, aber wirklich sehen werden wir es am ersten Rennwochenende."

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26.-28. April

1. Qualifying Sa. 09:55 Uhr
1. Rennen Sa. 13:30 Uhr
2. Qualifying So. 9:55 Uhr
2. Rennen LIVE So. 13:30 Uhr

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