• 01.06.2014 14:42

  • von Dominik Sharaf

Mehr Kabale als Liebe: Wittmann triumphiert in Ungarn

Sieg und Tabellenführung für den BMW-Youngster, dicke Luft bei Timo Glock und Edoardo Mortara - Mercedes erlebt am Hungaroring das nächste Debakel

(Motorsport-Total.com) - Wenn der Regengott seine Finger nicht im Spiel hat, ist in der DTM zu Saisonbeginn 2014 kein Kraut gegen Marco Wittmann gewachsen. Der BMW-Youngster siegte am Sonntagnachmittag bei der Rückkehr der Serie nach Ungarn zum zweiten Mal im dritten Rennen und übernahm die Führung in der Gesamtwertung. Auf dem Hungaroring komplettierten Audi-Pilot Miguel Molina und der mit entgegengesetzter Reifenstrategie durch das Feld gepflügte Bruno Spengler das Podium.

Titel-Bild zur News: Marco Wittmann

Ein Küsschen in Ehren: Marco Wittmann hat das DTM-Rennen in Budapest gewonnen Zoom

Obwohl Wittmann nach einem gelungenen Start von der Pole-Position ein einsames Rennen fuhr, war er sich seiner Sache wegen des Taktikchaos zu keinem Zeitpunkt sicher: "Man weiß ja nie, ob die Piloten auf Option-Reifen noch kommen. Abstand verwalten, keine Fehler machen und den Überblick behalten", erklärt er im 'Ersten' die Marschroute und stellt erfreut fest: "Die Strategie ist aufgegangen." Trotz 50 Punkten und Platz eins in der Tabelle will der Franke von Rennen zu Rennen denken: "Wir haben unseren zweiten Sieg eingefahren, das ist großartig. Aber über die Meisterschaft denke ich nicht nach."

Molina erkämpfte sich seinen Weg nach vorne mit harten Bandagen. Der Spanier fuhr nach einem verkorksten Start innerhalb des ersten Renndrittels von Rang fünf auf zwei und presste sich mit Lackaustausch an Timo Glock, später noch in viele weitere Scharmützel und eine Reiberei mit Edoardo Moratara verwickelt, vorbei. "Wir haben uns nach dem Start gut erholt", bilanziert Molina und jubelt über Silber: "Es ist toll, nachdem ich glücklos in die Saison gestartet bin. Mit dem Auto war ich sehr zufrieden, die nächsten Rennen wollen wir gewinnen. Ich bin gut dabei."

Mortara und Glock im Infight

Für Spengler schien Hopfen und Malz verloren, nachdem er auf der härteren Reifenmischung zu Beginn bis ins hintere Mittelfeld zurückgereicht worden war und sich 50 Sekunden Rückstand auf die Spitze eingehandelt hatte. Auf den Option-Pneus jedoch ging es für den Kanadier rasant nach vorne: Er profitierte von der bereitwilligen Mithilfe seiner BMW-Kollegen und Konkurrenten, die auf unterschiedlicher Bereifung in den letzten Runden lediglich rollende Schikanen waren. "Von dem Rückstand wusste ich gar nichts", erinnert sich Spengler an die erste Halbzeit.

Timo Glock

Timo Glock hatte nach dem Rennen einiges an Klärungsbedarf Zoom

Der Ex-Champion wollte gar nicht so genau informiert werden: "Ich wusste, dass es unglaublich viel war. Man braucht einfach Geduld und ich habe gehofft, dass der Boxenstopp bald kommt. Ich hatte ein Topauto mit den Option-Reifen." Ganz anders erging es Edoardo Mortara (4.). Der Audi-Pilot hatte zum Schluss die härteren Pneus und alle Hände voll zu tun, sich gegen die herannahende Meute zu verteidigen. Sein Lieblingsgegner wurde Glock (19.), der seinem Ärger anschließend in einem Dialog an der Autotür im Parc ferme Luft machte.

Der Reihe nach: Mortara brachte dem Ex-Formel-1-Piloten im Duell um Rang drei nach dem Boxenstopp zunächst nur einige Kratzer bei. Erst fuhr der Italiener seinem Konkurrenten auf die Ecke, musste Glock auf Kommando der Rennleitung aber wieder passieren lassen. Nur eine Runde später glückte die Aktion, allerdings nicht ohne weiteren Bodycheck, der Glock im Funk hadern ließ. Mortara drohte weiteres Ungemach, nachdem ihm die Kommissare die schwarz-weiße Flagge wegen wiederholtem Verlassen der Fahrbahn zeigten.


Fotos: DTM in Budapest


Punktpremieren für Martin und Felix da Costa

Glock hatte im Windschatten des Audi ganz genau hingeschaut und Verstöße seiner Box gemeldet. Anschließend profitierte er beinahe von einer Laptime-Penalty in Höhe von zwei Sekunden gegen Mortara. Weil sich der Audi-Pilot beim Strafschleichen jedoch geschickt breitmachte, gab es trotz Feindkontakt kein Vorbeikommen - und weiteres Frustpotenzial für Glock. "Es ist nicht der richtige Weg, eine Zeitstrafe auf der Rennlinie abzuhalten. Das hat er getan", ärgert sich der Hesse nach dem Rennen.

Edoardo Mortara

Edoardo Mortaras Audi blieb nicht lange im ladenneuen Zustand Zoom

Glock und Mortara werden so schnell keine Freunde: "Er ist mir zweimal ins Auto gefahren, er hat mich drei-, viermal von der Strecke gedrückt. Er hat mein Rennen ruiniert", schimpft der BMW-Star und will Revanche: "Ich habe ihm gesagt, dass er es mit mir maximal einmal macht. Beim nächsten Mal fahre ich ihm genauso durch das Auto durch, dann werden wir sehen, wie es ausgeht." Morara zeigt sich begrenzt einsichtig: "Wir hatten einen harten Kampf. Ich bin darauf nicht super stolz, ich kann Timo verstehen. Wir waren zu Beginn des Stints aber schneller als er."

Adrien Tambay (5.) bestätigte mit Option-Reifen zum Schluss seine starke Form, für Maxime Martin (6.) bedeutete die identische Strategie die ersten DTM-Punkte der Karriere. Jedoch wäre für den Belgier auch Rang vier im Bereich des Möglichen gewesen. Es hätte auch für Tambay noch weiter nach vorne gehen können, beide bissen sich jedoch am geschickt verteidigenden Mortara die Zähne aus. Jamie Green, Antonio Felix da Costa, Mattias Ekström und Champion Mike Rockenfeller komplettierten die Top 10. Mercedes blieb nach dem Regenglück in Oschersleben erneut ohne Punkte.


Fotostrecke: Fakten zu DTM in Budapest

Mercedes desolat, Paffett schäumt

Bester Stuttgarter war Robert Wickens als Elfter. Besonders frustrierend war der Rennsonntag für Gary Paffett. In der Startphase bekam der Brite erst von Martin Tomczyk (13.) einen Seitenhieb verpasst, in der zweiten Kurve schob sein Markenkollege Christian Vietoris (20.) anschließend BMW-Konkurrent Joey Hand (15.) in den blau-gelben Mercedes hinein. Paffett kreiselte mit wackelndem Heckflügel von der Strecke, schleppte sich zurück an die Box und stapfte anschließend wutgeladen zum Kommandostand.

Gary Paffett

Dicker Hals: Für Gary Paffett reiht sich ein Debakel an das nächste Zoom

Am TV-Mikrofon zeigte sich der Routinier komplett bedient: "Ich hatte einen super Start und dann ist jemand voll in mich reingefahren, das Auto war richtig zerstört. Das war gefährlich, derjenige muss eine Strafe bekommen", faucht Paffett nicht wissend, dass es sich um Mercedes-Kompagnon Vietoris handelt. Einen gebrauchten Nachmittag erwischte auch Timo Scheider, der mit einem Aufhängungsschaden vorne links nach elf Runden in der Auslaufzone parken musste, zuvor das Auto aber geschickt auf der Strecke gehalten hatte.