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Fernandes rechnet ab: "Formel 1 fühlte sich schmutzig an"

Ex-Caterham-Boss Tony Fernandes zieht sein Formel-1-Fazit: Wann sein großer Traum Risse erhielt, was er falsch gemacht hat und wieso Fußball besser ist

(Motorsport-Total.com) - Erste Zweifel über Tony Fernandes' langen Atem kamen bereits Anfang 2013 auf: Damals kündigte er an, dass er bei Caterham den Stecker zieht, wenn man nicht endlich den Anschluss an das Mittelfeld findet. Dieses Jahr machte er dann seine Drohung wahr - die Truppe aus Leafield wurde daraufhin von Investoren gerettet, Bernie Ecclestones Vertrauter Colin Kolles zieht nun dort die Fäden.

Titel-Bild zur News: Tony Fernandes

Ex-Caterham-Boss Tony Fernandes hat die Nase voll von der Formel 1

Dabei war Fernandes 2010 mit so großen Ambitionen in sein Formel-1-Projekt gestartet: Der malaysische Fluglinien-Boss, der für seine unkonventionellen Ideen bekannt ist, brachte den Lotus-Namen in die Formel 1 zurück, sein Team legte im Umgang mit den Medien eine ungewohnte Offenheit an den Tag. Zudem setzte man bei der Nutzung sozialer Netzwerke wie Twitter neue Maßstäbe.

Böses Erwachen in der Formel 1

Doch nun rechnet Fernandes, der daran scheiterte, das System zu verändern, mit der Königsklasse des Motorsports ab. "Es ist eine Erleichterung, nicht mehr in der Formel 1 zu sein", sagt der AirAsia-Boss, der auch den Premier-League-Fußballklub Queens Park Rangers leitet, gegenüber dem 'Independent'.

Es dauerte nicht lange, da zogen über dem Formel-1-Projekt von Fernandes schwarze Gewitterwolken auf. Eigentlich war er 2009 davon ausgegangen, dass ab 2010 eine Budgetobergrenze von 45 Millionen Euro gilt, doch das ehrgeizige Vorhaben des damaligen FIA-Präsidenten Max Mosley, die Kosten massiv zu senken, scheiterte am Widerstand der großen Teams.

Heikki Kovalainen, Jarno Trulli, Fairuz Fauzy

Da war die Welt in Ordnung: 2010 stieg Lotus in die Formel 1 ein Zoom

Und bereits im Debütjahr 2010 wurde Caterham in einen erbitterten Rechtsstreit mit der Luxus-Sportwagenmarke Lotus verwickelt, der schließlich dazu führte, dass er den klingenden Namen Lotus verlor - danach ging sein Team unter der Flagge des kleinen britischen Automobil-Herstellers Caterham an den Start.

Verbitterung nach Lotus-Namensstreit

"Da hat mein Traum den ersten massiven Riss bekommen", offenbart Fernandes. "Die Formel-1-Marke-Lotus zu verkaufen, war ein großer Rückschlag. Ich habe es nie jemandem gesagt, aber danach hatte ich das Gefühl, dass die Formel 1 sehr schmutzig und rachsüchtig ist." Caterham schlitterte daraufhin in eine Negativspirale, die Investitionen rechneten sich nicht, zudem stiegen die Kosten weiter an: Durch den Pirelli-Einstieg mussten die Teams auch für die Reifen zahlen, die teuren Turbomotoren spitzten die Lage dieses Jahr weiter zu.

"Ich will gar nicht sagen, wie weit wir Max' Budgetobergrenze überschritten haben, aber es war sehr weit", klagt er. Somit blieb ihm nur noch die Resignation: "Wir konnten nur noch die Hand heben und sagen: 'Wir sind geschlagen. Es ergibt keinen Sinn mehr weiterzumachen'." Besonders bitter war für ihn der mangelnde Zusammenhalt unter den Teams - "das war eine große Enttäuschung".

"Nach dem Namensstreit hatte ich das Gefühl, dass die Formel 1 sehr schmutzig und rachsüchtig ist." Tony Fernandes

Was im Fußball besser funktioniert

Der 50-Jährige findet, dass sich die Formel 1 ein Beispiel am Fußball nehmen sollte: "Da liegen die Teams viel enger beisammen, und trotzdem ist die Konkurrenz enorm. Ob man ein Top-Team ist oder hinten liegt - man bekommt genug Geld, um zu überleben. Das ist der große Unterschied. Es gibt Basis-Preisgelder, die es einem erlauben anzutreten."

Tony Fernandes

Fernandes hat sich von der Formel 1 abgewendet - Fußball ist ihm lieber Zoom

Neben der Preisgeld-Verteilung nennt der Queens-Park-Rangers-Boss auch den Umgangston als Pluspunkt im Fußball: "Es gibt einen besseren Dialog und ein generelles Verständnis, dass wir alle gemeinsam daran teilnehmen."

Fernandes auch selbstkritisch

Gleichzeitig will Fernandes das Scheitern in der Formel 1 aber nicht nur auf die äußeren Umstände schieben. Im Nachhinein sieht er es als Fehler an, beim Rennstall nicht das Tagesgeschäft geleitet zu haben oder einen etablierten Vollprofi dafür engagiert zu haben. "Diese Lektion habe ich gelernt", gibt er zu. "Außerdem hätten wir zuerst ein GP2-Team gründen sollen, um das Handwerk zu lernen und dann in die Formel 1 einzusteigen."

Dennoch trauert er der Erfahrung nicht nach: "Es ist kein Fehler, es zu versuchen und zu scheitern. Ich hatte ein unglaubliches Leben, bin 50 Jahre alt und habe Lotus zurückgeholt. Das kann mir keiner mehr wegnehmen. Und Caterham ist heute ein viel bekannterer Hersteller. Wir haben den Verkauf verdoppelt, ich habe tolle Leute getroffen. Und ich habe gelernt, wie man Dinge nicht macht, ich habe gelernt, wie wichtig Fokus ist." Abschließend gesteht er aber: "Ich genieße den Fußball mehr."

"Ich habe gelernt, wie man Dinge nicht macht." Tony Fernandes