IndyCar 2017: Aerokits vor dem Aus?

Die hohen Kosten sowie die Ungleichheit zwischen Honda und Chevrolet veranlassen IndyCar, über eine Rückkehr zur Einheitsaerodynamik für 2017 nachzudenken

(Motorsport-Total.com) - In der zweiten IndyCar-Saison mit Aerokits reißen die Diskussionen um diese nicht ab. Immer wieder gibt es kritische Stimmen wie vom amtierenden Meister Scott Dixon. Die Argumente sind meist dieselben: Die Kits kosten Geld und verbessern nicht die Show. IndyCar-Chef Mark Miles überlegt, den Wettbewerb bei der Aerodynamik wieder einzustampfen. Eine Rückkehr zur Dallara-Aerodynamik, die von 2012 bis 2014 verwendet worden ist, steht aber nicht im Raum, eher ein neues Einheitskit.

Titel-Bild zur News: Scott Dixon

Der Aerodynamik-Wettbewerb könnte schon bald der Vergangenheit angehören Zoom

'Autosport' sprach mit verschiedenen IndyCar-Akteuren über ihre Standpunkte. "Wir diskutieren viele Dinge bezüglich der nächsten Saison und ein einheitliches Aerokit für Chevrolet und Honda ist eine der Sachen, die wir überlegen", bestätigt IndyCar-Technikchef Jay Frye. "Es sind viele Dinge, die wir uns an den Fahrzeugen für 2017 ansehen, deshalb ist das nicht der einzige Punkt, auf den wir schauen."

Wenig überraschend kommt die größte Kritik an den Aerokits von den Honda-Teams, da das HPD-Paket demjenigen von Chevrolet momentan unterlegen ist. Es gibt aber auch Befürworter im Fahrerlager, meist aus der Chevrolet-Fraktion. Michael Andretti, Teamchef des Honda-Vorzeigeteams Andretti Autosport, legt sich auf eine Abschaffung des Aero-Wettbewerbs fest. "Da gibt es kein vielleicht - wir müssen zurück zum Standardkit für beide Marken", so der Meister von 1991.

Sinnvolle Maßnahme oder Rückschritt?

Mike Hull von Chip Ganassi Racing hingegen würde darin einen Rückschritt sehen: "Damit würden wir die weiße Flagge hissen. Der Gedanke war, Technologie zu erlauben. IndyCar ist einer Position, ein großes Statement für den Fortschritt abzugeben. Wir haben die große Gelegenheit, aus den Erfahrungen eine neue Chassis-Formel abzuleiten und sollten das meiner Meinung nach vollständig ausnutzen."

Als Ganassi-Rennleiter kann Hull jedoch aus einer finanziell entspannten Lage sprechen; für andere Teams sind die Aerokits hingegen eine große Belastung - von einem neuen Chassis gegen Ende des Jahrzehnts ganz zu schweigen. Der jetzige Dallara DW12 befindet sich 2016 in seiner fünften Saison.


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Nicht nur die Honda-Teams, auch die HPD-Schmiede selbst würde eine Abschaffung des Wettbewerbs auf dem Aerodynamik-Sektor begrüßen, wie Art St. Cyr, der Chef von Honda Performance Development erklärt: "Es ist nie etwas gewesen, das wir machen wollten - es ist etwas gewesen, das wir machen mussten", so seine deutlichen Worte. "Wir müssen schauen, was das Beste für die Serie, die Teams und die Hersteller ist: Wie kommen wir an mehr Fans und höhere Einschaltquoten? Wir wollen den bestmöglichen Weg für die Zukunft einschlagen."

Vom Hoffnungsträger zum Spannungskiller

IndyCar und die Aerokits waren von Anfang an eine schwierige Beziehung: Als der Dallara DW12 entwickelt wurde, waren von Anfang an eigenständige Kits vorgesehen, möglichst in Kooperation mit externen Firmen aus der Auto-sowie Luft- und Raumfahrtbrache, wodurch sich der damalige IndyCar-Chef Randy Bernard einen Aufschwung erhoffte. Bei der Vorstellung des Boliden wurde sogar ein Wettbewerb "Design your own Kit" ausgerufen.

Carlos Munoz

Honda ist aerodynamisch ins Hintertreffen geraten Zoom

Doch die Industrie zeigte kein Interesse und aufgrund der finanziellen Situation der Teams, die bereits durch das neue Chassis belastet wurden, wurden die Kits zunächst auf 2013 verschoben und verschwanden schließlich gänzlich in der Schublade. Für 2015 wurde die Idee wieder ausgegraben, doch diesmal sollten die involvierten Hersteller Chevrolet und Honda eine eigene Aerodynamik entwickelten, was sie letztlich auch taten.

Chevrolet hatte dabei das glücklichere Händchen, wodurch das Feld weiter auseinandergerissen wurde. Nachdem Honda Ende 2015 Fortschritte machte und darüber hinaus für 2016 noch zusätzliche Modifikationen erlaubt bekam, sah alles nach mindestens Gleichstand aus. Doch die ersten drei Rennen haben gezeigt, dass Chevrolet zumindest beim Hochabtriebs-Paket wieder die Oberhand hat. So wurde das Feld auseinandergerissen, trotzdem sind die Kits optisch kaum voneinander zu unterscheiden. Außerdem sind die Fahrzeuge aerodynamisch empfindlicher geworden.