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Formel-1-Wettbewerbsklage: Tag der Entscheidung in Brüssel

Das EU-Parlament entscheidet heute über die Klage von Sauber und Force India - Warum deren Chancen auf Erfolg selbst bei positiver Abstimmung gering sind

(Motorsport-Total.com) - Nach 16 Monaten Vorbereitungszeit hat es die Wettbewerbsklage von Sauber und Force India ins EU-Parlament geschafft. Am heutigen Dienstag wird das Parlament darüber abstimmen, ob Ermittlungen wegen Wettbewerbsverzerrung eingeleitet werden sollen. "Die Kommission hat die Beschwerde erhalten und wird sich darum kümmern. Wir werden uns mit ihrem Inhalt genau auseinandersetzen und können noch keine Angaben über die nächsten Schritte machen", sagt ein Parlamentssprecher gegenüber 'Motorsport-Total.com'.

Titel-Bild zur News:

Das Europaparlament entscheidet über die Klage von Force India und Sauber

Für die beiden Teams ist es ein kleiner Schritt vorwärts, doch die Aussichten auf einen endgültigen Erfolg stehen nicht gut. Denn das EU-Parlament hat gar nicht die Befugnis, eine endgültige Entscheidung zu treffen. So oder so: Sollte das EU-Parlament ablehnen, wären alle Bemühungen der vergangenen fast eineinhalb Jahre umsonst gewesen.

Doch selbst wenn das Parlament sich für Ermittlungen aussprechen sollte, bedeutet das lediglich eine Richtungsanweisung. Die endgültige Entscheidung, ob ermittelt werden sollen, obliegt letztlich EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Auf diese kann das Parlament lediglich Druck ausüben, wenn mit deutlicher Mehrheit für Ermittlungen gestimmt werden sollte. Schon eine nur kleine Mehrheit würde bereits die Erfolgsaussichten deutlich mindern.

Welche Priorität erhält die Formel 1?

Selbst wenn Vestager sich entscheiden sollte, dass in der Causa Formel 1 ermittelt werden soll, heißt das noch nicht, dass sich schnell etwas tut. Denn jeder Fall erhält bei der Wettbewerbskommission eine Priorität. Und mit einer allzu hohen dürfen die Formel-1-Teams nicht rechnen. Schließlich beschäftigt sich die EU-Wettbewerbskommission auch noch mit Fällen wie dem Steuerdumping von Apple in Irland. Dagegen mutet eine Klage gegen die Einnahmenverteilung in der Formel 1 plötzlich ganz klein an. Hinzu kommt, dass kein Politiker aus der Sauber-/Force-India-Klage großen politischen Profit schlagen könnte.

Im Falle von Ermittlungen müssten drei Fragen geklärt werden. Erstens: Hat sich jemand schuldig gemacht? Zweitens: Wenn dies der Fall sein sollte, hat er oder sie sich auch strafbar gemacht? Oder muss lediglich der Missstand behoben werden, sprich die Einnahmenverteilung, ohne dass jemand vor Gericht muss? Und drittens müsste ein Zeitrahmen festgelegt werden, bis wann der Missstand behoben sein muss. Wohlgemerkt erst nach Abschluss der Ermittlungen. Und die können dauern.

Nico Hülkenberg, Felipe Nasr

Sauber und Force India kämpfen Seite an Seite für eine faire Einnahmenverteilung Zoom

Alleine bis zum Einreichen der Klage ist über ein Jahr vergangen. Das ist schon rund doppelt so viel wie der von manchen Medien prognostizierte Zeitrahmen von sechs bis neun Monaten für den gesamten Prozess. Und angesichts von Schwergewichten wie Apple, Gazprom oder Google, die regelmäßig bei der Wettbewerbsbehörde aufkreuzen, kann es sogar passieren, dass 2020 die Verträge auslaufen werden, bevor das Verfahren überhaupt zu Ende ist. Helfen könnte die Klage dann noch immer für die Zeit nach 2020 - wenn sie denn die heutige Hürde nimmt.

Die Klage richtet sich gegen die Einnahmenverteilung in der Formel 1: Als nach dem Auslaufen des letzten Concorde-Agreements kein neues zustande kam, schloss Bernie Ecclestone mit jedem Team bilaterale Abkommen bis 2020 ab. Großen und historischen Teams werden darin weitreichende Bonuszahlungen gewährt, Ferrari genießt sogar ein Vetorecht in der Strategiegruppe. Sauber und Force India wollen eine fairere Verteilung erreichen.