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  • 30.11.2015 12:00

  • von Roman Wittemeier

Porsche-Erfolg: Abschreckung oder Einladung für Werke?

Lockt der Porsche-Erfolg in der WEC 2015 weitere Hersteller an, oder sind die Triumphe abschreckend: Sparkurs der LMP1 soll die Türen offen halten

(Motorsport-Total.com) - Porsche hat der gesamten Langstreckenszene im erst zweiten Jahr nach der Rückkehr seinen Stempel aufgedrückt. Die Werksmannschaft mit Sitz in Weissach siegte in Le Mans, holte bei allen acht Saisonrennen die Pole-Positions, fuhr insgesamt sechs Rennsiege ein und holte alle WM-Kronen, die es zu gewinnen gab. Porsche feierte 2015 ein Traumjahr, das man in gleicher Form in Zukunft wiederholen möchte. Aber wie hart wird die Gegenwehr sein?

Titel-Bild zur News: Timo Bernhard, Mark Webber, Neel Jani, Marc Lieb

Starkes Tempo: Porsche startete 2015 in allen WEC-Rennen von der Pole-Position Zoom

Audi hat bei der Vorstellung des neuen R18 für die Saison 2016 klargestellt, was der eigene Anspruch ist: Man will zurück an die Spitze und die Konzernschwester unbedingt schlagen. Dafür betreibt man in Ingolstadt, Neckarsulm und Neuburg hohen Aufwand. Und der lohnt sich: Die Aufholjagd, die Audi für die letzten drei Saisonrennen der diesjährigen WEC hinlegte, wurde auf den Strecken in Fuji, Schanghai und Bahrain sehr deutlich sichtbar. Das Signal: Porsche ist zu packen.

"Es war faszinierend", schmunzelt Audi-LMP1-Chef Chris Reinke beim Blick auf das diesjährige Entwicklungsprogramm. "Wir haben ein unglaubliches Entwicklungsrennen erlebt. Auf den normalen Kursen waren wir im Vergleich zum Vorjahr um drei bis fünf Sekunden schneller, in Le Mans noch ein bisschen mehr", fasst Toyota-Technikchef Pascal Vasselon zusammen. Bei aller Faszination: Dieser enorme Wettbewerb hat Schattenseiten. Die Kosten in der LMP1-Klasse sind hoch.

2016 drei Aeropakete, 2017 vielleicht nur noch zwei

Vor diesem Hintergrund arbeitet die "Cost Saving Working Group" unter Beteiligung von ACO/FIA und allen Herstellern an Lösungen. Einige Maßnahmen sind bereits für das kommende Jahr verabschiedet. In der Diskussion ist zusätzlich eine Beschränkung der Aeropakete. 2016 soll es maximal drei Varianten geben: Eine für Silverstone und Spa, eine für das Highlight in Le Mans, eine dritte für die Saisonrennen nach dem 24-Stunden-Klassiker. Eine Umsetzung dieser Idee gilt als äußerst wahrscheinlich.

"Das Regelwerk stellt den Antrieb in den Vordergrund. Man darf die anderen Bereiche nicht vergessen, aber der Antrieb steht im Zentrum", sieht Vasselon keine Probleme. Man könne die Aerodynamik weiter beschränken, ohne dabei der Entwicklung die Faszination zu rauben. Auf diesem Weg könne man nicht nur die Kosten für die aktuell involvierten Marken reduzieren, sondern auch die gesamte Szene für potenzielle Neueinsteiger weiter öffnen.


Fotos: Audi Sport Finale 2015


Werke wie BMW, Ferrari, Mazda, Peugeot und andere wollen nur zu gern im Wettbewerb der LMP1 mitmischen. Das größte Hindernis sind aber die Kosten. "Es wäre jetzt wichtig, dass zumindest Nissan schnell zurückkommt - und das bitte seriös. Zudem wäre es toll, wenn mindestens ein weiterer Hersteller kommt, zumindest etwas ankündigt", meint Porsche-Technikchef Alexander Hitzinger im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'.

Warum andere Hersteller gute Chancen hätten

"Wir machen uns immer Gedanken, wo es weitere Möglichkeiten zu Kostensenkungen gibt. Es muss für Hersteller überschaubar bleiben", stimmt Porsche-LMP1-Leiter Fritz Enzinger zu. Der Österreicher spricht eine Einladung an alle potenziellen Konkurrenten aus: "Der Erfolg von Porsche in der WEC zeigt doch, dass es auch für andere Hersteller sicherlich Möglichkeiten gibt. Man hat bei uns gesehen: Es ist möglich, in der ersten Saison sehr gut wettbewerbsfähig und sein und in der zweiten vorne zu fahren. Es ist ein Zeichen an andere Hersteller. Es geht!"

"Andere Hersteller haben sogar schon fertige Strukturen. Bei uns kam hinzu, dass wir alles neu aufbauen mussten", erklärt Enzinger. "Wenn also bei einem anderen Hersteller es jemand schafft, den Vorstand mit einem guten Konzept zu überzeugen, dann ist auf der Langstrecke vieles möglich. Vor allem, wenn man auf bestehende Strukturen setzen kann." Genau dies wäre beispielsweise bei BMW, Ferrari oder Peugeot der Fall. Interesse ist vorhanden, aber ein klares Bekenntnis fehlt ebenso wie ein Vorstandsbeschluss.


Rückblick: Das war die WEC-Saison 2015

In Silverstone hat die WEC ihre Saison begonnen, nach Belgien folgte das Saisonhighlight in Le Mans, bevor man weiterzog nach Amerika und Asien

"Wir achten sehr auf die Kosten. Wir steigern es nicht, sondern gehen sogar schrittweise zurück. Die Anzahl der Rennen wird nur dezent erhöht, die Testtage werden nun auf 40 beschränkt sein, die Windkanalstunden werden reduziert und wir limitieren die Anzahl von Motoren und Getrieben", zählt Enzinger die verabschiedeten Maßnahmen auf. Hinzu kommt eine Begrenzung der Mitarbeiter an den Rennstrecken. "Da schauen wir auch intern ganz genau, wie wir effizient agieren können", so der Porsche-LMP1-Rennleiter.